Landwirtschaft im Braunschweiger Land

2024 ACKERBAU 6 Wegraine haben ökologisches Potenzial Warum sind artenreiche Wegeseitenränder für die Pflanzen- und Tierwelt so attraktiv? Wie müssen Sie gepflegt und angelegt werden, um als Nahrungsquelle und Unterschlupf zu funktionieren? Welche Projekte gibt es bereits und wer kann fachlich unterstützen? Wegeseitenränder haben ein hohes ökologisches Potenzial als Nahrungsgrundlage und Lebensraum für Fauna und Flora. Flächenmäßig nehmen sie in den Gemarkungen zwar nur wenig Raum in Anspruch, unterstützen aber durch ihre linearen Strukturen den erforderlichen Biotopverbund. Doch der Streifen zwischen Weg und landwirtschaftlicher Nutzfläche ist als Lebensraum in Gefahr. Er wird häufig dominiert von konkurrenzstarken Gräsern und nährstoffliebenden Stauden und kann verloren gehen durch Flurbereinigungen und Schlagvergrößerungen. Die falsche Pflege geleitet von peniblem Ordnungssinn tut ihr übriges und so sind buntblühende Feld- und Wegraine mittlerweile ein seltenes Bild in unserer Kulturlandschaft. Um der Entwicklung entgegen zu wirken und etwas für die Natur und das Landschaftsbild zu tun, gibt es neben bundes- und landesweiten Initiativen wie dem F.R.A.N.Z. Projekt, der Wegrain AG oder den LEADER-Wegrain Projekten auch regionale Aktivitäten. Beispielhaft sei die Gemeinde Wasbüttel im Landkreis Gifhorn genannt. Hier haben Landwirtschaft und Gemeinde artenarme Grassäume neu angelegt und mit Regiosaatgut eingesät. Sie AG Nachhaltigkeit im Ort unterstützt das Projekt durch Öffentlichkeitsarbeit. Welche Bedeutung Wegeseitenränder haben zeigt sich im Landkreis Gifhorn auch darin, dass sie im naturschutzfach– lichen Ziel- und Maßnahmenkonzept als Förderziel festgeschrieben sind und beim Runden Tisch zum Biotop- und Artenschutz oben auf der Agenda stehen. Welche Aspekte sind nun beim Pflegen, Anlegen und Entwickeln der Grünstreifen zu beachten? Pflege Schon wenige Maßnahmen können helfen: • Auf leichten bis mittlere Böden reicht eine einmalige Mahd pro Jahr! Nach der Getreideernte im September/ Oktober ist der Schnittzeitpunkt ideal, da sich bis dahin die Kräutersamen erfolgreich ausbilden und die Bodenbrüter, die Reptilien und Insekten sich ungestört entwickeln können. • Auf nährstoffreichen Standorten macht eine zweimalige Mahd dann Sinn, wenn das Mähgut abgefahren wird. Hier sollte das erste Mal zwischen Mitte Mai und Mitte Juni gemäht werden und das zweite Mal 8-10 Wochen später. Der Mähzeitpunkt ist stark abhängig vom Standort, dem Klima und der Witterung. • Achtung: Zwar sind aus floristischer Sicht zwei Schnitte empfehlenswert, dies steht aber konträr zur offiziellen Brut- und Setzzeit vom 1.April bis zum 15.Juli. In diesen Monaten wird die freie Landschaft zur Kinderstube vieler Wildtierarten. Sie brauchen jetzt besonderen Schutz. Somit erfordert die Pflege ein sensibles Augenmaß. • Grundsätzlich empfiehlt sich eine gestaffelte Mahd, d. h. zeitlich versetzt und abschnittweise umgesetzt. Wertvoll sind mehrjährig ungemähte Bereiche, die den Insekten als Winterquartier und dem Niederwild als Deckung dienen. Deshalb sollten 10-20 % der Streifen maximal jedes zweite Jahr gemäht werden. • Bodenlebende Tiere können geschützt werden, in dem die Schnitthöhe mindestens 10 cm beträgt. • Mähen statt mulchen! Mit einem Mulchgerät werden bis zu 100 % der Wiesenfauna zerstört. Dies erklärt sich durch die schnell rotierende Technik und der damit verbundenen Sogwirkung. Bei einem Schlepper-Balkenmäher mit schneidender Technik liegt der Verlust bei 20-30 %, denn die Messer bewegen sich langsamer und die Angriffsfläche ist geringer. • Der Grünschnitt sollte von der Fläche geholt werden. Dadurch werden dem Boden Nährstoffe entzogen und so die Pflanzenvielfalt gefördert. Übrigens, landwirtschaftlich betrachtet ist die Gefährdung des Ackers durch einen erhöhte Kraut-, Gräser- und Schädlingsdruck von naturbelassenen Saumbiotopen eher gering einzuschätzen. Distelhorste können rechtzeitig vor dem Aussamen abgemäht werden. Ein sehr frühzeitiges Abschlägeln als vermeintliche Hygienemaßnahme zur Trespenbekämpfung bewirkt eher eine Förderung der Trespe, da dieses Gras besonders konkurrenzstark ist und sich schneller als andere Gräser regeneriert. Anlage Fehlen die typischen Zielarten artenreicher Feldraine wie Margerite, Scharfgabe und Flockenblume ist es grundsätzlich nicht ausreichend nur die Pflege anzupassen. Um ein Blütenangebot für die Insekten zu schaffen, müssen die fehlenden Zielarten wieder aktiv eingebracht werden, und das geht so: • Ein mit grasdominierter Vegetation bzw. stickstoffliebenden Stauden bestandener Streifen muss intensiv zerstört werden mit Fräse, Grubber oder erforderlichenfalls auch mit dem Pflug. Die Samen sind oberflächlich mit hochgeFür Insekten, Vögel und Niederwild sind überjährige Altgrasstreifen entlang der Wege wertvolle Deckung und Überwinterungshabitat zugleich. Foto: Kerstin Fricke

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