Landwirtschaft im Braunschweiger Land

2024 ALLGEMEIN 66 In Generationen denken Der viel zu frühe Tod des Vaters war in der Familie Lütgering Auslöser für eine komplizierte Vererbung. Heute leitet und besitzt Sohn Luis den Betrieb. Bis es aber so weit war, musste Familie Lütgering einiges beachten. Auf den Punkt • Birgitt Lütgering führte den Betrieb nach dem Tod ihres Mannes für ihre Kinder weiter. • Früh stand fest, dass Sohn Luis den Betrieb einmal übernehmen wollte. • Für Luis Lütgering ist klar: Grundbesitz muss mit einem Testament abgesichert werden. Auf dem historischen Hof in Salzgitter-Reppner tummeln sich überall Gäste. Sie erzählen, lachen, stoßen an – die Stimmung ist fröhlich und gelöst. Viele alte Bekannte treffen sich nach langer Zeit wieder. Einige sind überrascht, sich hier auf diesem Fest zu treffen. Eingeladen haben Luis, Luisa und Mutter Birgitt Lütgering. Anlass ist die Hofübernahme von Luis in den letzten Jahren. „Dieser Prozess war nicht ganz leicht und ist letztlich gut geglückt. Das wollten wir feiern. Außerdem nahmen wir das Fest zum Anlass, alte Freunde, Berufskollegen und Geschäftspartner aus verschiedenen Bereichen einzuladen“, sagt Luis Lütgering. Bevor das Buffet eröffnet wird, begrüßen Birgitt, Luis und seine Schwester Luisa die Gäste mit einer Rede. Sie reisen mit ihnen in die Vergangenheit. Erinnern an den verstorbenen Vater von Luisa und Luis. „Das war ein schwerer Schicksalsschlag“, berichtet Birgitt Lütgering einige Wochen später. Sie sitzt mit ihrem Sohn am Küchentisch im großen, historischen Bauernhaus. Der Blick aus den Fenstern geht auf die 300 Jahre alten Kastanien vor dem Haus und auf die Scheunen im Hof. Plötzliche Übernahme 1994 übernahm ihr Mann Christian den Betrieb von seinem Vater, nachdem beide einige Jahre in einer GbR zusammengearbeitet hatten. Im folgenden Jahr kam ihre Tochter Luisa zur Welt, 1997 folgte Bruder Luis. „Als die Kinder ein und drei Jahre alt waren, erkrankte mein Mann schwer und verstarb innerhalb von einem dreiviertel Jahr an seiner Krankheit“, erinnert sich Birgitt Lütgering. „Das war kurz nach Weihnachten 1999. Da waren unsere Kinder kurz vor Weihnachten gerade zwei und vier Jahre alt geworden.“ Die junge Familie musste nicht nur mit der Trauer und dem großen Verlust umgehen, den der Tod des Vaters und Ehemanns in ihr Leben gerissen hatte, sondern sich auch die Frage stellen, was mit dem landwirtschaftlichen Betrieb passieren sollte. „Zwei Monate nach dem Ableben meines Mannes fragte mich mein Schwiegervater, wie es denn jetzt weitergehen sollte“, erinnert sich Birgitt Lütgering sichtlich angefasst. Ihr Sohn berichtet weiter: „Der Hof ist recht geschichtsträchtig und meinem Großvater tat es leid, dass die Tradition mit dem zu frühen Tod seines Sohns enden könnte.“ Für Birgitt Lütgering stand damals fest: Verpachten kann sie den Betrieb immer noch. „Ich wollte den Betrieb im Sinne meines verstorbenen Manns weiterführen – vor allem für meine Kinder“, sagt sie. Die Ärztin stammt aus einem landwirtschaftlichen Umfeld und studierte vor ihrem Medizinstudium drei Semester Agrarwissenschaften. „Ich wusste also, worauf ich mich einließ, hatte aber, um einen Betrieb zu führen, zu wenig Erfahrung“, sagt sie. Trotzdem wollte sie den Betrieb leiten. „Das hatte einen Grund: Ich dachte, wenn der Betrieb zurück an meinen Schwiegervater geht und er eines Tages nicht mehr kann, stehe ich ganz allein und ohne das nötige Wissen da“, erklärt sie. „Ich wollte den Betrieb leiten, mit Unterstützung meines Schwiegervaters, der mich sozusagen in meiner Lehrzeit begleiten sollte. Ich war zu dieser Zeit Chefin und Lehrling zugleich.“ Schon früh war klar, dass Luis (hier mit seiner Mutter Birgitt) den Betrieb weiterführen wollte. Foto: Philipp von Rössing

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