Landwirtschaft im Braunschweiger Land

2024 ALLGEMEIN 56 decken können: Honigbienen können bis zu 5,0 km zurücklegen, um Nahrungsquellen zu erreichen. Das FitBee-Projekt des Bieneninstituts Celle hat gezeigt, dass der Median der Sammelflüge bei 2,2 km liegt. Daraus ergibt sich, dass ein Bienenvolk seinen jährlichen Eigenbedarf an etwa 70 kg Honig, 50 kg Blütenpollen und 20 Liter Wasser auf einer Fläche von 1.520 ha sammelt. Da Imkernde diese Fläche und diese Mengen an Futter nicht auf ihren eigenen Flächen zur Verfügung stellen können, ergibt sich einmal mehr die enge Verbindung zwischen heimischer Landwirtschaft und Imkerei. Honigbienen sind Generalisten und können eine Vielzahl an Pflanzen als Nahrungspflanzen verwenden. Wildbienen hingegen fliegen weniger weit, sie benötigen aber auch weniger Futter. Bei einem Flugradius von 400 m, würde eine Wildbiene somit eine Fläche von etwa 50 ha nutzen können. Kleinstrukturierte Flächen mit hoher Biodiversität sind somit für die Wildbienen als Lebensraum besser geeignet als landwirtschaftlich genutzte Flächen. Diese Kleinflächen befinden sich zumeist im Besitz von Kommunen oder Privatpersonen. Folglich sollte bei der Diskussion um die Verbesserung des Lebensraumes von Wildbienen ein größeres Augenmerk auf diese Kleinflächen gelegt werden, anstatt auf eine weitere Umstrukturierung der landwirtschaftlich genutzten Flächen. „Fressen und gefressen werden“ lautet ein wichtiges Credo in der Nahrungskette. In jüngster Zeit wird dieser Punkt vermehrt herangezogen und als Argument für die Wildbienen und gegen die Honigbienen ins Feld geführt: Von Seiten einiger Klientelgruppen wird einseitig argumentiert, dass Honigbienen, aufgrund ihres hohen Nahrungsbedarfes und ihrer hohen Individuenzahl als Bienenvolk, den Wildbienen das Futter wegfressen. Daher wird an einigen Orten die Aufstellung von Bienenvölkern (zu Unrecht?) reglementiert. Dabei wird aber völlig vernachlässig, dass Insekten einen wichtigen Grundbaustein der Nahrungskette darstellen. Insektenfressende Tiere unterscheiden dabei nicht zwischen seltener Wildbiene oder häufiger Honigbiene. Wenn also nun Honigbienen, mit etwa 40.000 Tieren pro Bienenvolk, aus bestimmten Biotopen entfernt werden, um eine dort vorkommen Wildbienenart zu schützen, kann das mitunter zur Folge haben, dass diese Wildbiene einem deutlich höheren RäuberDruck ausgesetzt ist. Gibt es also nun eine Konkurrenz zwischen Wild- und Honigbienen? Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Es bedarf stets einer einzelnen Betrachtung, in die viele Faktoren mit einfließen müssen: Wie groß ist das Biotop und welche Pflanzen kommen dort in welcher Anzahl und zu welchem Zeitraum vor? Welche Wildbienen kommen in dem Biotop vor, wann sind sie dort vorhanden und von welchen Pflanzen ernähren sie sich? Wie viele Honigbienenvölker befinden sich in dem Biotop und zu welcher Jahreszeit? Handelt es sich um Wirtschaftsvölker oder um Kleinstvölker? Also eine Vielzahl von Aspekten. Grundsätzlich gilt: je spezialisierter ein Biotop ist, umso spezialisierter ist auch die Fauna darin. Als Beispiel sei die Heidelandschaft genannt. Hier finden die Honigbienen zum Zeitpunkt der Heideblüte Nahrung im Überfluss, zu diesem Zeitraum ist das Biotop für Imkernde attraktiv. In der übrigen Jahreszeit ist die Nahrung für die Honigbienen stark limitiert. Es kommt also zu einer Nahrungsverknappung, in der es zu einer Nahrungskonkurrenz mit dort lebenden Wildbienenarten kommen könnte. Honigbienen sind durch ihre imkerliche Betreuung „mobil“ und können somit über teils große Entfernungen bewegt werden. Wildbienen hingegen sind an ihren Lebensraum gebunden. Außerhalb der Heideblüte finden sich in der Heide nur wenige Bienenvölker, die Gefahr der Nahrungskonkurrenz ist also dadurch gebannt, dass die Imkernden die Bienendichte aus ihrem eigenen Interesse reduzieren. Hier bedarf es also keiner vorgegebenen Regulierung der Bienenvölkerzahl. Betrachtet man andere Biotope, sollte auch hier ein größeres Vertrauen in der Imkerschaft gelegt werden, denn kein Imkernder wird Bienenvölker dauerhaft an einem Standort aufstellen, an dem die Völker kontinuierlich gefüttert werden müssen. Von Seiten des Naturschutzes wird diese Selbstverständlichkeit häufig außer Acht gelassen. In anderen Bundesländern werden inzwischen Forderungen laut, die ein totales Verbot der Haltung von Honigbienenvölkern in Naturschutzgebieten oder einen Mindestabstand zu Naturschutzgebieten fordern. Niedersachsen hat hier bereits vorab ein sinniges Zeichen gesetzt: Der Nationalpark genießt in der Rangordnung der Naturschutzgebiete die höchste Priorität. Die landwirtschaftliche Nutzung in Nationalparks ist stark reglementiert bis ausgeschlossen. Im „Gesetz über den Nationalpark ‚Niedersächsisches Wattenmeer‘ (NWattNPG)“ wird jedoch im Paragraf 10 unmissverständlich darauf hingewiesen, dass der Betrieb von Belegstellen für Honigbienen erlaubt ist (§ 10 NWattNPG). Honigbienen und Imkerei sind zweifelsfrei ein Bestandteil der Landwirtschaft. Ebenso ist die Honigbiene ein wichtiger Teil in der heimischen Fauna und trägt durch ihre BestäuHonigbienen in der Heideblüte. Zum Zeitpunkt der Blüte bietet die Heide ausreichend Futter für Wild- und Honigbienen. Außerhalb der Blütezeit finden sich in der Heide nur sehr wenige Bienenvölker aufgrund des limitierten Futterangebotes. www.meinhonig.de Foto: Fachberatung für Imkerei

RkJQdWJsaXNoZXIy NDcxNDky