Landwirtschaft im Braunschweiger Land

2024 RECHT 37 Eine berufsmäßige Tätigkeit liegt vor, wenn der Betreffende durch die Tätigkeit seinen Lebensunterhalt überwiegend oder doch in einem solchen Umfang erwirbt, dass seine wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil auf der Beschäftigung beruht und diese damit nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Unerheblich ist das Lohnniveau im Heimatland. Es sind die gesamten Lebensverhältnisse des Beschäftigten zu berücksichtigen, die nicht nur allein durch die Verhältnisse während der Dauer dieser Beschäftigung geprägt werden. Das Maß der zeitlichen Inanspruchnahme der Beschäftigung ist ohne Bedeutung. Berufsmäßigkeit wird nicht bei Schülern, Studenten während der Semesterferien, Rentnern, Hausfrauen und Hausmännern angenommen. Es existiert keine gesetzliche Definition des Begriffes „Hausfrau/Hausmann“. Da der Rentenversicherungsträger jedoch für diese Gruppe besondere Kriterien geschaffen hat, ist die Bedeutung des Begriffs durch Auslegung zu ermitteln Hausfrauen und Hausmänner sind Personen, die vorübergehend einer Beschäftigung nachgehen und im Übrigen von anderen unterhalten werden und dadurch nicht auf die Ausübung einer Beschäftigung zum Erhalt ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind. Hierdurch wird die Berufsmäßigkeit ausgeschlossen. Allein der Umstand, dass jemand ledig ist, bedeutet nicht, dass die Person nicht Hausfrau/Hausmann sein kann. Es kann der Haushalt von Verwandten geführt werden. Das Gesetz bietet keine ausreichende Grundlage, den Arbeitgeber zu komplexen rechtlichen Wertungen und weiteren umfangreichen Ermittlungen zu verpflichten, die der Rentenversicherungsträger verlangt. Ohne gesetzliche Grundlage ist es dem Arbeitgeber nicht erlaubt, die privaten Lebensumstände seiner Arbeitnehmer auszuforschen. Es besteht keine Verpflichtung der Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber ihre privaten Verhältnisse zu offenbaren. Der Arbeitgeber ist keine Behörde. Es gilt daher nicht der Amtsermittlungsgrundsatz und der Arbeitgeber ist in seinen Ermittlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Nach Ansicht dieser Gerichte stellt die Auffassung der DRV eine unzutreffende Interpretation des Amtsermittlungsgrundsatzes dar. Der Arbeitgeber kann nicht zu eigenen weiteren Ermittlungen verpflichtet werden. Wenn der Rentenversicherungsträger hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes der Angaben der Arbeitnehmer Zweifel hat, liegt es ausschließlich in seinem Kompetenzbereich, ergänzende Ermittlungen vorzunehmen. Die Ansicht der Sozialgerichte Lüneburg (34. Kammer) und Landshut zur Berufsmäßigkeit Das BSG betrachtet ein Entgelt aus einer gelegentlichen Tätigkeit dann als geeignet, wesentlich zum Lebensunterhalt beizutragen, wenn es im Verhältnis zu den übrigen Einnahmen aus Haupttätigkeit etwas mehr als 10 % beträgt. Die aus der zeitgeringfügigen Tätigkeit erzielte Vergütung hat eine mehr als untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung, wenn die beschäftigte Person auf die Vergütung angewiesen ist, um zumindest zeitweise ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Wenn Saisonarbeitskräfte aus Niedriglohnländern den Zeitraum einer zeitgeringfügigen Beschäftigung in großem Umfang ausschöpfen, wird die wirtschaftliche Relevanz für ihren Lebensunterhalt kaum verneint werden können, sofern nicht konkrete weitere Einnahmen nachgewiesen werden. Berufsmäßigkeit ist bei einem großen Entgeltgefälle zwischen der BRD und dem Herkunftsland in der Regel gegeben. Hier widersprechen die Entscheidungen den vorher zitierten Entscheidungen Rumänien hat beispielsweise einen um 30 % niedrigeren Mindestlohn als Deutschland, in Deutschland wird in 3 Monaten mehr verdient als in der restlichen Jahreszeit in Rumänien. Können keine weiteren Einnahmen nachgewiesen werden, werden die Einnahmen aus der Saisonarbeit als wirtschaftlich relevant für den Lebensunterhalt angesehen, mit der Folge, dass Beitragspflicht angenommen wird. Das Sozialgericht Lüneburg hat als Einkommensobergrenze für Alleinstehende einen Betrag in Höhe von EUR 900,00 ermittelt. Dieses entspricht dem doppelten ehemaligen Betrag der geringfügigen Beschäftigung und ist daher schon als wesentlich für das Bestreiten des Lebensunterhaltes anzusehen. Außerdem entspricht es in etwa der Höhe des Regelsatzes bei Arbeitslosengeld II zzgl. Kosten der Unterkunft. Werden Einkünfte aus der Saisonarbeit erzielt, die über dieser Grenze liegen, liegt Berufsmäßigkeit vor, da die Einkünfte weitestgehend geeignet sind, den Lebensunterhalt der Saisonarbeitskraft zu decken. Bei verheirateten Hausfrauen/ Hausmännern liegt die Einkommensobergrenze bei EUR 1.800,00. Die Wohnkosten in Deutschland sind davon in Abzug zu bringen. Bei Zugrundelegung dieser Ansicht scheint es im Moment auf eine Einzelfallprüfung hinauszulaufen. Fazit Das Bundessozialgericht hat bisher seine Auslegung des Begriffs der Berufsmäßigkeit nicht konkretisiert. Es wäre Sache des Gesetzgebers, die Vorschrift des § 8 I Zif. 2 SGB IV entsprechend zu konkretisieren. Kontakt: Sandra Glitza Rechtsanwältin Landvolk Niedersachsen Landesbauernverband e. V. Warmbüchenstraße 3 30159 Hannover Telefon: 0511 36704-42 sandra.glitza@landvolk.org

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